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Gepostet am: 1. September 2016 um 12:16 Uhr von Jann Robson
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2. Januar 2017

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ (H. Hesse) und auch die ersten Tage eines neuen Jahres sind mit einem Hauch Magie versehen. Ich nehme nun diesen Zauber, diese Magie als ersten Funken für meinen Blog, welcher Zeitpunkt könnte passender sein.

Was soll Thema sein in diesem Blog, was möchte ich hier bewegen? Ich stelle mir einen täglichen Begleiter vor, wenn möglich einen offenen Austausch, bestenfalls einen Spiegel des Weges.

Ich habe chronische Polyathritis und unterliege, wie die meisten Menschen mit chronischen Erkrankungen, den ständigen Schwankungen zwischen akuten Schmerzen, Stagnation, Resignation, Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. Nun soll dieser Blog nicht meine persönliche Jammerkiste sein, sondern ein Raum für Ratsuchende und Ratgebende, zum Mut machen und zur Information. Vielleicht wie eine nützliche, liebgewonnene Angewohnheit.

Darum möchte ich die Leserin/den Leser zu Beiträgen einladen, denn jeder betroffene Mensch wird im Laufe seiner eigenen Erkrankung zum Profi derselben und kann vielleicht Nützliches oder Informatives, Tröstliches oder Humorvolles beitragen.

Vom ersten Text bis zur Fertigstellung der Homepage hat es ein Jahr gedauert und rückblickend muss ich feststellen, dass die Inhalte natürlich immer noch Bedeutung für mich haben, mein Rheuma jedoch wieder deutlich schlechter geworden ist. Krankheit lehrt uns Demut. Es gibt keine Statements mit absoluter Gültigkeit. Wir müssen offen bleiben und zuhören, uns selbst und anderen.

 

24.04.2017

Nein, es war keine Versenkung, es ist eine Klausur, aus der ich jetzt wieder auftauche. Wir alle, die wir mal aus der Bahn geworfen wurden, aus unterschiedlichsten Gründen, stehen vor der großen Aufgabe der Selbstfürsorge. Wenn wir frisch aus Kuren, Rehas, Klinikaufenthalten entlassen sind, ist es noch vergleichweise einfach, gerade Gelerntes  in den Alltag zu integrieren. Und dann machen wir nahezu alle die gleiche Erfahrung; wir wissen, dass sich Selbstfürsorge und Achtsamkeit als hilfreich erwiesen haben in unserer individuellen Lebenssituation und trotzdem kostet es uns ein großes Maß an Selbstdisziplin, auch nur ein Minimum an Zeit für unsere Selbstfürsorge aufzuwenden.

Täglich ziehe ich große und kleine Kreise um all die freundlichen, kleinen Anker, die ich ausgelegt habe, um mich in meinem Alltag liebevoll  zu begleiten. Interessanterweise sauge ich eher meinen Bauwagen, als dass ich mich einem dieser Anker zuwende. Warum ist das so? Vielleicht lohnt sich ein Blick auf eventuelle Gründe, rein hypothetisch natürlich.

  • In meinem tiefsten Innern bin ich von der therapeutischen Arbeit nicht überzeugt und halte sie eigentlich für Unsinn?
  • Liebevolle Selbstfürsorge ist mir nur schwer möglich, weil ich mich selbst nicht leiden kann?
  • Im Grunde schäme ich mich und habe Angst, dabei erwischt zu werden, schon gar nicht kann ich darüber reden?
  • Ich finde mich selbst nicht wichtig genug, um so viel Zeit für mich zu verschwenden?                                                                                          

Wenn ich noch tiefer in diese Gedanken einsteige, laufe ich Gefahr, diesen Unsinn zu glauben, darum höre ich an dieser Stelle lieber auf. Es sind alte Glaubenssätze, die uns davon abhalten, uns liebevoll zu begegnen. Es sind alte Glaubenssätze, die das Innere Kind in Aufruhr und Unruhe versetzen. Nicht wir müssen uns schämen, sondern wir wurden beschämt.

Vielleicht ist es hilfreich, uns von der pubertierenden Kleinen in uns beraten zu lassen in Sachen Trotz und Widerstand. Auf der Suche nach dem, was heile geblieben ist und mit einer bockigen 14- Jährigen im Herzen schleiche ich mich aus dem Haus der alten Glaubenssätze und feiere meinen Widerstand.

 

28.04.2017

Falls uns in dunklen Zeiten einfach nicht mehr einfallen möchte, warum wir überhaupt noch weitermachen, möchte ich hier eine wunderbare Liste von Gründen, sich nicht umzubringen, empfehlen. Zu finden ist sie primär in der Online-Zeitschrift Survivorship, oder aber in dem absolut empfehlenswerten „PTBS-Arbeitsbuch“. Hier geht es zum einen um das Verständnis der Symptomatik, im wesentlichen aber um Arbeitstechniken, die helfen, PTBS-Symptome zu überwinden.  Außerdem beschäftigt sich ein Großteil des Buches mit komplexer PTBS, die zwar als Diagnoseschlüssel noch immer nicht im ICD10 aufgenommen, nichtsdestotrotz aber präsent ist. Es ist doch ohne Zweifel ein Unterschied, ob ich nach einem schweren Autounfall unter einer PTBS leide, oder von Kindesbeinen an immer wieder neuen und unterschiedlichen Traumatisierungen ausgesetzt war. Der Unterschied besteht nicht in der Wertigkeit, sondern in vielen, vielleicht auch individuellen anderen Punkten, beispielsweise die Symptomatik und was es braucht, um zu heilen.

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02.05.2017

Als Mensch mit einer chronischen Erkrankung werden immer mal wieder alternative Behandlungsmethoden an mich herangetragen. Aktuell habe ich den Flyer der Bemer Group vor mir liegen. Die Bemer Group hat ein Produkt entwickelt, dass die Mikrozirkulation im Körper positiv beeinflussen und somit zur Heilung aller möglichen Erkrankungen und Beschwerden beitragen soll. Es handelt sich um Matten, Polster, Kissen, die mittels verschiedener Signale auf die Mikrozirkulation einwirken, mit der Grundidee, dass eine gesunde Durchblutung die ideale Ver- und Entsorgung der Körperzellen vorraussetzt.

Das Netz ist voll mit unterschiedlichsten Kommentaren zu der Bemer Matte, ein kurzer Eindruck lohnt sich. Von bahnbrechender Wunderheilung bis hin zu Scharlatanerie ist alles dabei. Was die ‚Physikalische Gefäßtherapie Bemer‘ besonders interessant macht, ist das Vertriebssystem und der Preis. Die Produkte sind ausschließlich über eine Handvoll Vertriebspartner in Deutschland zu erhalten. Eine Preisliste für die unterschiedlichen Module ist nur über eine direkte Anfrage zu bekommen. Tatsächlich habe ich ein paar Angebote bei ebay gefunden, sehr viel günstiger, als der Preis, der mir hinter vorgehaltener Hand zugeraunt wurde.

Was würde ich tun, wenn ich Geld hätte? Ich habe keine Ahnung, aber irgendwie lösen sowohl Produkt als auch Verkaufsmodel einen gesunden Widerstand in mir aus. Glücklicherweise, sonst müsste ich jetzt ernsthaft anfangen zu sparen.

 

07.05.2017

„Wer einen Tag glücklich sein will, muss sich betrinken, wer ein Jahr glücklich sein will, muss heiraten, wer ein Leben lang glücklich sein will, muss einen Garten anlegen“

altes, chinesiches Sprichwort aus: Die entführte Prinzessin, von K. Duve

Den Wahrheitsgehalt der ersten beiden Punkte kann ich nicht beurteilen, aber das mit dem Garten entspricht definitiv der Wahrheit. Es geht in diesem Frühling zwar nur langsam voran, zum einen weil ich jeden Tag nur ein bisschen schaffe, zum anderen aber weil die kleinen Salat-, Spitzkoh- und Spinatkeime seit Wochen frierend in ihren Reihen hocken, trotzdem ist der Garten jeden Tag eine Freude für mich.

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Der Garten am Bauwagen ist ziemlich klein und außerdem bei typisch ostwestfälischem Klima häufig ein Sumpf. Aus diesem Grund und weil mir eine Draenage zu aufwendig und zu teuer erschien, habe ich alle meine Pflanzen in Hochbeete, bzw. Holzkisten gepflanzt. Dieses Jahr ist noch der Tomatentunnel dazugekommen. Fast alles in diesem Garten ist improvisiert und aus Resten gebaut und, ja, bei dem Tomatentunnel lässt es sich nicht leugnen, schön ist er nicht. Dafür war er günstig, erfüllt hoffentlich seinen Zweck und wird bald, innen mit Tomaten und außen mit Wicken und Sonnenblumen bepflanzt, einen netteren Anblick bieten. (Das ’nachher Foto‘ folgt zu gegebener Zeit)

Da auch dieses Jahr meine Feinde, die Schnecken, nicht einer mysteriösen Krankheit erlagen, habe ich zuzüglich zu den üblichen Maßnahmen – tägliches Absuchen, Schneckenzaun, etc –  Tagetes als Opferpflanzen in die Gemüsebeete gepflanzt. Und kleine und große Bretter dazu gelegt in der Hoffnung, dass es mir insgesamt das tägliche Absuchen erleichtert.

Alles keine spektakulären Ideen, aber wer hat die schon in Bezug auf die gemeine Wegschnecke.

 

14.05.2017

003    Dieses Heft soll mir die Begegnung mit meinem inneren Kind erleichtern. Es ist nicht das Heft der erwachsenen Martina, sondern es gehört der Kleinen. Ich hoffe, dass man das sehen kann, denn ich habe bei der Gestaltung, bei der Auswahl versucht, mit den Augen eines kleinen Mädchens zu sehen. Ich weiß, für mich eine extraschwere Aufgabe. Ein Beispiel:

Bei meiner letzten Kunsttherapiestunde hatte ich die Aufgabe, die kleine und die große Martina zusammen in einem Bild zu malen, nein, nicht abstrakt, das wäre ja leicht, sondern gegenständlich. Als Personen, zur Not als Strichfiguren. Meine Malkünste sind nicht spektakulär, aber ausreichend, um erkennbare Personen zu zeichnen und so fing ich mit der großen Martina an, auch einfach. Und dann passierte es mir wie bei Bauer Petterson, der ja als Kind auch aussah, wie in groß, nur in klein, mit Bart, Hut und allem drum und dran. So war das bei mir auch. Meine kleine Martina sah aus wie die große, halt nur in klein. Und da wurde es mir ganz deutlich, wie schwer es ist, den kindlichen, verspielten Anteilen Raum zu geben. Kitschig zu sein, nicht als Erwachsene zu zensieren. Wie würde die Kleine entscheiden? Welche Farben würde sie wählen? Und wozu ist das überhaupt gut?

Die Idee der kindlichen Anteile ist ein Konstrukt, um den Bildern, Gefühlen, Empfindungen, die wir als Kind erlebt haben, eine Struktur zu geben, mit der wir etwas anfangen, mit der wir arbeiten können. Denn all das, was wir in unserer Vergangenheit erlebt haben, ist für immer da und steuert, bedauerlicherweise zumeist unbewusst, unser Denken, Fühlen und Handeln. Und selbst wenn ich als gesunder Mensch aus meiner Kindheit erwachsen bin, ist es doch immer ein persönlicher Gewinn, herauszufinden, wer ich als Kind war. Und dabei ist es hilfreich, dem kindlichen Anteil in mir zuzuhören. Was kann sie mir erzählen, die Kleine? Wenn ich gut zuhöre, kann ich mich nicht nur besser verstehen, sondern habe die Möglichkeit, mich anzunehmen, ganz zu werden.

Das hört sich leicht an, ist aber extrem schwer, wenn die Geschichten, die die Kleine erzählt, schrecklich sind. Wenn sie uns wieder zurückführt in furchtbare Erinnerungen, wenn sie von ihrer Angst, Wut, Hilflosigkeit berichtet. Von Jahren der Verzweiflung. Denn es sind ja unsere eigenen Jahre, unsere Geschichte. Und die Erinnerungen äußern sich gern über sehr unangenehme körperliche Symptome. Trotzdem ist es der richtige Weg, denn es ist ja die Wahrheit und die körperlichen Symptome haben plötzlich einen logischen Grund.

Zurück zu meinem Heft. Die Kleine hat sich also für Engel und Rosen entschieden und sammelt in diesem Heft alle Briefe, die ich ihr schreibe. Ob das hilfreich ist, weiß ich noch nicht, aber zwischendurch macht es mir große Freude, Bilder und Herzen für die Kleine zu malen, ihr von Erlebtem zu erzählen, Fotos einzukleben, immer vor Augen, dass ich für ein Kind schreibe. Für meine kindlichen Anteile.

Falls das verrückt klingt, so what, hauptsache wir bleiben im Kontakt.

 

 

15.05.2017

Gestern Nachmittag haben wir uns in unserer Kreistanzgruppe getroffen und einmal mehr waren die zwei Stunden ein großes Geschenk für mich. Die gemeinsame Begegnung in Einklang und Mehrklang, in Leichtigkeit und Konzentration umrahmt von Lachen, all das hat mich beschwingt nach Hause fahren und immer wieder aufkommende Zweifel verblassen lassen.

Weitermachen!!

 

 

29.05.2017

Nach einer intensiven Gartenzeit und ein paar wunderbaren Tagen im Wendland möchte ich nicht versäumen, von meinem letzten Erlebnis zum Thema Heilung/Wunderheilung zu berichten. Nachdem ich bislang erfolgreich einen Kontakt mit der Bemer Matte vermeiden konnte, habe ich mich dann doch zu einer speziellen chiropraktischen Behandlung überreden lassen. Dieser Chiropraktiker arbeitet nicht nur am Patienten, sondern er hat in den langen Jahren seiner Tätigkeit auch ein paar Bücher verfasst, in denen er die Übersäuerung des Körpers zur Hauptursache bei Erkrankungen von Gelenken, Knochen und Organen erklärt. Chiropraktisch arbeitet er sehr sanft, in dem er die Wirblsäule im ganzen richtet und anschließend einzelne Gelenke mit leichtem Druck schiebt oder zieht. So weit, so überzeugend. Ich bin nicht wegen des Rheumas, sondern wegen meiner häufigen Verspannungen und Kopfschmerzen zu ihm gegangen und, um es vorweg zu nehmen, als Chiropraktiker fand ich ihn tatsächlich überzeugend, auch wenn er mir leider nicht helfen konnte. Das hatte er schon vor der Behandlung vermutet und er hatte recht behalten. 

Was hat mich gestört? Er hat mich ordnungsgemäß zu Anfang gefragt, warum ich da bin und ich habe ihm von den täglichen Koptfschmerzen beim Aufwachen berichtet, die ich mir dadurch erkläre, dass ich mich nachts beim Schlafen anspanne und verspanne. Wie das komme, wollte er wissen und ich führte aus, dass ich mir diese nächtliche Anspannung als Folgeerscheinung der PTBS erklären würde. Das war seine Vorlage, er berichtete mir von seiner psychotherapeutischen Arbeit, wichtige Namen wurden genannt und seine großen Erfahrungen und dass Therapie überhaupt nichts bringe. Nach diesem Satz habe ich nur noch höflich zugehört und nur kurz in Erwägung gezogen, meine Sicht der Dinge darzulegen, aber erfahrungsgemäß wollen solche Mneshcen nicht zuhören, sondern reden und beeindrucken. Er führte also weiter seine langjährigen Erlebnisse mit unterschiedlichsten Schamanen aus, die mit Dankesritualen (Ich danke meinem Misshandler, dass er mich misshandelt hat, denn er hat mich stark gemacht….)(blablabla) von Traumata heilen und dass ich mich nur dafür entscheiden müsste. Ich könne auch einfach eine Aufstellung mit Hellinger machen, der würde genauso arbeiten und dann hätte ich meine Geschichte ein für alle mal losgelassen. Es liegt allein in meinen Händen.

Man könnte speien!!!

Innerlich habe ich der kleinen Martina die Ohren zu gehalten, um sie nicht unnötig zu verwirren.

 

 

31.05.2017

Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben.
Sie haben meine Fantasie beflügelt.

Ich danke allen, die mich in ihr Schema pressen wollten.
Sie haben mich den Wert der Freiheit gelehrt.

Ich danke allen, die mich belogen haben.
Sie haben mir die Kraft der Wahrheit gezeigt.

Ich danke allen, die nicht an mich geglaubt haben.
Sie haben mir zugemutet, Berge zu versetzen.

Ich danke allen, die mich abgeschrieben haben.
Sie haben meinen Trotz geschürt.

Ich danke allen, die mich verlassen haben.
Sie haben mir Raum gegeben für Neues.

Ich danke allen, die mich verraten und missbraucht haben.
Sie haben mich erwachsen werden lassen.

Ich danke allen, die mich verletzt haben.
Sie haben mich gelehrt, im Schmerz zu wachsen.

Ich danke allen, die meinen Frieden gestört haben.
Sie haben mich stark gemacht, dafür einzutreten.

Ich danke allen, die mich verwirrt haben.
Sie haben mir meinen Standpunkt klar gemacht.

Vor allem aber danke ich all denen, die mich lieben, so wie ich bin.
Sie geben mir die Kraft zum Leben! Danke.

(Paulo Coelho)

Vor vielen Jahren habe ich einmal erlebt, wie eine Mitpatientin in einer psychosomatischen Klinik die Worte von Paulo Coelho zum Abschied vorgelesen hat. Es war ein ergreifender und tränenreicher Moment, den Gesichtern der Einzelnen war der alte Schmerz anzusehen, Bilder der eigenen Misshandlungen liefen vor inneren Augen ab und hätte ich in diesem Moment gefragt, was genau an diesem Text die zuhörende Patientenschaft so betroffen macht, dann wette ich zehn zu eins, dass es sich dabei weniger um die Dankbarkeit, sondern um die Wertschätzung des Missbrauchs handelte.

Ja, genau, das Thema vom letzten Mal war für mich noch nicht abgeschlossen, denn ich treffe immer wieder mal auf Menschen, die mich ermahnen, endlich zu vergeben und zu verzeihen, dankbar zu sein, damit ich Altes loslassen und befreit leben kann. Und gerne wird in diesem Zusammenhang vermutet, dass ich selber aktiv und bewusst diesen Prozess steuern kann, woraus zu schließen ist, dass ich wohl nicht loslassen will. Sollte ich in diesem Fall ärgerlich oder gar wütend reagieren, dann wird auch das gegen mich gewandt als Zeichen dafür, dass ich wohl noch nicht so weit bin. Müßig.

Ich gehe solchen Diskussionen mittlerweile konsequent aus dem Weg, weil ich schwer dafür gearbeitet habe, parteilich für mein inneres Kind zu sein, es erzählen zu lassen von seinen Erlebnissen, es zu trösten und zu achten. Ich möchte nicht, dass der Kleinen wieder Zweifel kommen, ob ich Große wirklich zu ihr stehe.

Ich will ja gar nicht abstreiten, dass es nicht den ein oder anderen Menschen gibt, der, nachdem er in einer Aufstellung nach Hellinger seinem Misshandler/Missbraucher gedankt und verziehen hat, wie Phönix aus der Asche geheilt auferstanden ist. Nachhaltig geheilt. So richtig befreit, meine ich. Für den Rest des Lebens. Also für immer.

Wer sich jetzt angesprochen fühlt, darf sich gerne melden. Ich bin gespannt.

 

 

01.06.2017

….. und dann noch zum Thema ‚Loslassen‘. Meiner Ansicht nach kann es sich dabei nicht um einen Zeitpunkt handeln, beispielsweise nach dieser oder jener Intervention konnte ich loslassen, sondern es handelt sich um einen Prozess von höchst individuellen Faktoren, Erfahrungen, Erlebtem abhängig. Dauer des Prozesses? Vielleicht ein Leben lang?

Medizinisch ist es mittlerweile bewiesen, dass Menschen mit erlebten Traumata eine veränderte Hirnstruktur haben. Auch vernachlässigte, ungeliebte Kinder entwickeln ein anderes Gehirn als Kinder mit einer unauffälligen Kindheit. Maßgeblich dabei ist der hohe Stressfaktor. Dass gerade frühkindliche, wiederholte Traumatisierungen zu Veränderungen im Gehirn führen, liegt auf der Hand. Das kleine Gehirn ist noch im Wachstum, alles Erlebte prägt sich für die Zukunft ein, ist für immer in der Hirnstruktur eingewachsen. Spätestens nach Anerkennung des Geburtstraumas dürfte es daran keine Zweifel mehr geben.

Lebensfeindliche Erfahrungen in der Kindheit prägen alle Körperzellen, sie werden auch ins Erbgut integriert und somit an Kinder und Kindeskinder weitergegeben. (Auch in Hinblick auf das Thema Kriegsenkel ein interessanter Aspekt)

Zurück zum Loslassen. Was auch immer ich erlebt habe, es bleibt ein Teil von mir. Loslassen findet statt, wenn es mir gelingt, dass meine Vergangenheit in meiner Gegenwart nicht mehr soviel Platz einnimmt, sie bleibt aber immer in meinem Sein integriert.

 

12.06.2017

Oh ja, es ist die Gärtnerin in mir, die dafür sorgt, dass der Garten im Gegensatz zu allem andern Proirität hat. Darum sind schon wieder fast zwei Wochen vergangen, in denen ich nicht geschrieben, aber das Gemüse gewachsen ist.

Das letzte Wochenende war voller Wunder und Funkelsteine, die jetzt noch ein bißchen in meinem Körper und meinem Herzen nachstrahlen. Am Freitag hatte ich das Glück, an einem wunderbaren Tanzworkshop mit Iria Otto teilnehmen zu dürfen. Einen Teil davon werde ich in die nächste Sonntagstanzgruppe mit hineintragen.

Dann haben am Sonntagmorgen Jürgen Schellin und Gaby Künneke zu Mantras und Meditation eingeladen und in diesem Zusammenhang ist mir mit dem Mantra “ om mani padme hum“ der Lotus wieder begegnet. Mani ist das Juwel, padme der Lotus, aus dem Sanskrit grob übersetzt, bedeutet das Mantra, dass der unreine Geist mit Hilfe von Meditation den Weg der Erkenntnis beschreiten und geläutert werden kann. Die wörtliche Übersetzung ist ungefähr „om, das Juwel im Lotus“.  (Ich bitte um Nachsicht bei allen kundigen Menschen für meine stark verkürzte Übersetzung.) Mir geht es nicht um die buddhistischen Auslegungen zu diesem Mantra, ich möchte dieses Bild auf uns übertragen, auf unsere Seelen. Der Lotus wächst aus tiefem Schlamm, aus Morast, um dann wunderschön zu erblühen, unbeeindruckt von seinem Boden, seiner Herkunft. Auch wir haben uns den Boden nicht ausgesucht, auf dem wir gekeimt, gewachsen sind und ungeachtet dessen, wie tief der Schlamm, wie morastig der Boden unserer Kindheit war, steckt doch in jedem von uns eben dieses Juwel. Und vielleicht finden wir ja Wege, um ihn zum Strahlen zu bringen, um wie der Lotus wunderschön zu erblühen. Ein kitschiges Bild, absolut, aber seis drum, in meinem Innern öffnen sich die Hände meiner Seele wie eine Schale und lassen in ihrer Mitte den Lotus erblühen.9847

 

24.06.2017

Bei Dir geht’s mir gut

Am Ende der Nacht, so zwischen 3 und 4,
da kommen regelmäßig die Nachtgespenster zu mir.
Die tanzen dann durchs Zimmer und singen Spottlieder auf mich,
und die zupfen an meine Haar‘ und in die Zechen zwickens mich.
Aber Gott sei dank, ich hab‘ ja dich in so an Moment,
du springst aus dem Bett und klatschst 3mal in die Händ‘!
Auf einmal kommt der Friedrich Gulda durch die Tür und legt seine Händ‘ auf meine Augen,
und er spielt auf meine Wimpern Klavier, was vom Mozart und was vom Chopin,
auf einmal sind alle Nachtg’spenster fort,
du, ich dank dir, bei dir geht’s mir gut!
Und manchmal neben dir, und du magst wieder einmal ned,
dann kommen die Eifersuchtszwergerln ins Bett,
und die klettern an mir hoch und schlüpfen in meine Ohren
und flüstern: „Die treibt’s mit an Andern, wenn ned, dann hat sie es vor!“
Aber gottseidank, ich hab‘ ja dich in so an Moment,
du springst aus dem Bett und klatschst 3mal in die Händ‘!
Auf einmal kommt Marilyn Monroe durch die Tür
und zieht ihren Regenmantel aus.
Sie wiegt sich und schmiegt sich ganz dicht zu mir
und haucht: „Darling, Cherie!“

 

Und sie küßt mich aufs Ohr mit ihrem riesengroßen Mund,
und die Zwergerln fallen vor Schreck tot um!
du, ich dank dir, bei dir gehts mir gut!
Und manchmal in der Nacht, da stürzen sich die Fieberteuferln auf mich.
Dann rennt mein Puls Amok und meine Augen rotieren,
und die Waffen-SS marschiert durch mein Hirn!
Aber gottseidank, ich hab‘ ja dich in so an Moment,
du springst aus dem Bett und klatschst 3mal in die Händ‘!
Auf einmal kommt der Tarzan durch die Tür,
groß, nackert und weiß.
Stumm und ernst kniet er nieder neben mir
und schmiert mich mit Krokodilstränen ein.
Ja, und er macht sich Sorgen und er beatmet mich Mund zu Mund
hopp, ich bin wieder Gsund!
du, ich dank dir, bei dir geht’s mir gut!
Und manchmal in der Nacht hab‘ ich so Angst
und dann sitzt der Tod bei mir am Bett und lächelt mich an,
und ich spüre ganz deutlich, mein Körper kühlt aus,
irgendwas, irgendwas will aus mir raus!
Aber gottseidank, ich hab‘ ja dich in so an Moment,
du springst aus dem Bett und klatschst 3mal in die Händ‘!
Auf einmal kommt Charlie Chaplin durch die Tür,
und der steigt mir auf die Zechen.
Ja, auf die Zechen steigt er mir,
und noch einmal steigt er mir auf die Zechen
und noch einmal,
immer wieder, ununterbrochen steigt er mir auf die Zechen,
und da wird es mir zu blöd und ich spring auf und hau‘ ihm eine in die Gosch’n, daß es ärger ned geht,
da Schau, da Schau her, ich leb‘! Schau mich an! Schau mich
an! Ich leb‘! Ich leb‘
du, ich dank dir, bei dir geht’s mir gut!

 
Ludwig Hirsch
 
„Am Ende der Nacht …. kommen regelmäßig die Nachtgespenster zu mir…“
Und weil es um vier Uhr schon fast wieder dämmert, kommen die Nachtgespenster in der Sommerzeit schon um zwei, für diese Art von Gespenster muss es wirklich Nacht sein. Glücklicherweise sind es bei mir immer nur Phasen, eine Handvoll Nächte, in denen sie mich plagen, und diese Phasen folgen immer einem ähnlichen Drehbuch:
In den ersten Nächten behält mein Inneres beharrlich die Kontrolle, lässt nicht los, als hätte das Kind in mir die Schatten der Nachtgespenster schon erspürt und will mich vorsorglich schützen, in dem es mich nicht schlafen lässt.
In den folgenden Nächten bin ich so müde, dass auch die Kleine in mir die Kontrolle verliert und dann passiert es, „… die Waffen-SS maschiert durch mein Hirn…“. Und sie kramt im Sumpf der vergessenen Bilder, zerrt sie hervor und schickt mir garstige Träume.
Während der Traumfilm abläuft, begreife ich, dass ich ihn nicht mehr aushalten muss, ich kann die Traumbilder durchbrechen. Und wenn ich auch nicht aus dem Bett springen und dreimal in die Hände klatschen kann, gelingt es mir doch, die Augen zu öffnen und in das Dunkel der Nacht zu blicken. Ich stehe auf und verlasse den Bauwagen, atme, blicke in den Sternenhimmel, in meinen Garten und dann sehe ich sie: Drei Glühwürmchen !!!!
Drei!!! Glühwürmchen!!!!
Sie schlagen die Nachtgespenster in die Flucht und ich kann loslassen und den Schlaf begrüßen.
 
Am nächsten Morgen habe ich dann endlich begriffen, dass es Zeit ist für einen Brief an mein inneres Kind. Vielleicht, so denke ich mir, kann die Kleine sich nachts beruhigen, wenn sie mir im freundlichen Licht der Sonne von den alten Geschichten berichten kann. Tatsächlich sind die bösen Träume jetzt vorbei, aber ich werde immernoch spätestens um halb fünf wach. Ich glaube fast, die Kleine hat noch nicht alles erzählt.
 
… aber gottseidank, ich hab ja mich in so einem Moment, ich spring aus dem Bett und klatsch dreimal in die Händ…
 
frei nach Ludwig Hirsch
 
 
02.07.17
 
Der Anblick vor meinem Fenster, der Himmel regenverhangen, das Laub der Bäume vor Nässe glänzend, lässt mich an den Regenroman von Karin Duve denken. Bilder entstehen vor meinem inneren Auge von Invasionen von Schnecken, die beharrlich an den Wänden meines Bauwagens hochschleimen, glitzerde Streifen auf dem Holz hinterlassend, um einen Weg ins Innere zu finden. Und ein Gedanke drängt sich in Großbuchstaben in den Vordergrund:“ So bleibt es jetzt für den Rest des Sommers!“
Nachdem ich mir Tage lang vor Augen gehalten habe, wie notwendig der Regen war, dass ich Kürbisse und Gurken jetzt nicht mehr gießen muss, dass das viele Wasser die Mäusegänge zuschwemmt, gehen mir jetzt die Argumente aus. Ich muss zusehen, wie die Himbeeren noch vor dem Reifen an den Sträuchern verfaulen, dito der Salat und der Spitzkohl und…..
Die Zeit für Widerstand ist gekommen:
047 054 066 069 072
 
Es hat sich leider herausgestellt, dass das Dach meines selbstgebauten Outdoorschrankes nicht dicht ist, (ich habe halt nicht mit Wasserfällen gerechnet) wodurch größere Mengen Wasser in meine Kästen für Schrauben, Nägel, etc.  gelaufen sind. Blöd, blöd, blöd.
Ich werde also, sobald es mal wieder trocken ist, und das wird, wie wir wissen, nicht mehr in diesem Sommer sein, LKW-Plane auf meinen Schrank tackern. Grrr!!
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11.07.2017
 
Über die Dankbarkeit
 
Natürlich kommt mir in diesem Zusammenhang wieder das Gedicht von Paulo Coelho (siehe oben) in den Sinn. Ich kann es nur zynisch lesen, abgesehen vom letzten Absatz. Der Begriff Dankbarkeit stand für mich lange Zeit in einem negativen Licht. Wofür soll ich denn dankbar sein, hätte ich noch vor 15 Jahren gesagt, alles, was ich habe, alles, was ich bin, habe ich mir selbst erarbeitet. Mir wurde nie etwas geschenkt….blablabla. Die Worte der ständig zu kurz gekommenen. Es ist mir heute noch peinlich, wenn ich daran denke.
In der Caduceus Klinik gab es eine Zeit lang die schöne Sitte, eine Herzensqualität auf die Tafel in der Eingangshalle zu schreiben, für ein paar Tage oder Wochen, zur allgemeinen Anregung. Und natürlich befand sich auch die Dankbarkeit unter diesen Herzensqualitäten. Was macht die Dankbarkeit zu einer Herzensqualität?
Emily Bronte schrieb in ihrem Roman Jane Eyre über eine Gebetsszene nach dem Essen in einem Kinderheim: „….. und wir bedankten uns für das Essen, das wir nicht bekommen haben…..“
Ja, es gibt sie, diese Form der Dankbarkeit, die in vielen Menschen Unwillen auslöst, weil sie unrechtmäßig eingefordert wird, vielleicht religiös, gesellschaftlich, sozial oder familiär. Diese Dankbarkeit kommt einem verlogen vor. Wenn wir sie äußern, äußern müssen, geben wir etwas vor, was wir so vielleicht gar nicht empfinden.
Und trotzdem ist die Dankbarkeit natürlich eine Herzensqualität, denn nur sie macht es uns möglich, Geschenke wirklich annehmen zu können, in all ihren Dimensionen. Sie überhaupt erst sehen zu könne. Die Geschenke, meine ich.

Und wenn wir die Geschenke, die uns gemacht werden, erkennen können, dann spüren wir, wie unsere Herzen sich weiten und öffnen und die Dankbarkeit wird zur Seelennahrung.

 

Vor allem aber danke ich all denen, die mich lieben, so wie ich bin.
Sie geben mir die Kraft zum Leben! Danke.

(Paulo Coelho)

 
 
 
089  002   24.07.2017
 
Nein, es sind nicht die Zucchinis aus meinem Garten, an denen ich gerade schwer trage, auch wenn speziell diese ungefähr gleich schwer ist, wie mein kleiner Hund, sondern es ist eben der kleine Hund, der mir das Herz schwer macht.
Seit zweieinhalb Jahren werde ich in meinem Leben glücklich begleitet von einem kleinen Griechen aus Samos, der zu mir gekommen ist durch die Hundenothilfe OWL. Pietje war damals ein Jahr alt und wurde, wie alle Mittelmeerhunde, auf Leishmaniose getestet, mit negativem Ergebnis. Darum hat es auch lange gedauert, bis sein Hinken und seine Müdigkeit in den letzten Monaten richtig diagnostiziert wurden. In solchen Fällen erweist sich das Internet sowohl als Fluch, als auch als Segen. „So wie Sie aussehen, haben Sie gegoogelt“, empfing mich der Tierarzt, nach dem die Blutergebnisse vorlagen. Leishmaniose sei in einem Teil der Symptome ähnlich wie Rheuma, (nein, ich sehe da keine Kausalität zu mir) und ansonsten auch ähnlich individuell. Die Leishmanien können sich hervorragend und über viele Jahre im Körper eines Hundes verstecken, so dass Testergebnisse unzuverlässig und erste Symptome sehr verschieden sein können.
Ich habe also gelernt, dass ich bei einem Inselhund den Bluttest regelmäßig wiederholen muss und die seltsamsten Symptome Hinweise für eine Mittelmeerkrankheit sein können.
Was Pietje und ich jetzt im wesentlichen brauchen, ist Zuversicht, Hoffnung und Glück.
 
 
26.07.17
 
Eigentlich wollte ich heute über meine neuerlichen Erfahrungen mit Trauer und Traurigkeit berichten, aktuell angeregt durch Pietjes Leishmaniose und durch meine emotionale Befindlichkeit in Zeiten der Sorge und Fürsorge. Aber dann hörte ich gestern auf WDR 5 den Beitrag „Angst erlauben und aushalten“ mit Dr. Kristina Bode, Psychoonkologin. Sie berichtete u.a. von ihrer Arbeit mit Krebserkrankten und sagte in diesem Zusammenhang folgenden Satz: 
 
„man weiß inzwischen (…), dass Worte eine Wirkung bis in die letzte Zelle haben.“
 
Ich saß im Auto, kam vom Einkaufen und wäre vor Verblüffung fast in die Bremsen gestiegen. So ein schöner Satz!!! Er musste unbedingt einmal gesagt werden und hat generell eine Berechtigung. Natürlich hat Dr. Kristina Bode diesen Satz in einem ganz bestimmten Kontext gesagt, aber ich möchte mir hier erlauben, ihn allgemein zu beanspruchen, denn der Inhalt dieser Worte gilt im Schlechten wie im Guten. Gerade in der Traumatherapie ist das selbstgeschriebene, bzw. -gesprochene Wort von großer Bedeutung. Ein Beispiel:
 
Angenommen ich stehe unmittelbar vor einem wichtigen Termin, der mich aus nur mir bekannten Gründen ängstigt. Ich fühle Beklemmungen, Unruhe, erhöhten Puls und was noch alles zu solchen Situationen gehört, ich denke, das ist niemandem unbekannt. Wenn es mir dann gelingt, nicht mehr diese Gefühle mit entsprechenden Gedanken zu füttern, sondern mein Denken durch lautes Reden bewusst in andere Bahnen zu lenken, dann kann ich an mir selber spüren, wie meine „Worte eine Wirkung bis in die letzte Zelle haben“. Damit meine ich nicht nur eine mantrahafte Wiederholung des Satzes “ Ich schaffe das“, sondern ein direktes Ansprechen des Inneren Kindes, indem ich es orientiere:
 
Wir haben das Jahr 2017.
Wir sind nicht in Gefahr, sondern in Sicherheit.
Niemand kann uns mehr etwas tun, diese Ängste waren früher berechtigt, da war ich klein, aber heute bin ich groß.
Heute sorge ich Große für Sicherheit und ein gutes Leben.
…und was noch hilfreich sein kann, dass Innere Kind zu beruhigen und wieder als Erwachsene Regie zu führen.
(siehe K. Stettbacher, Wenn Leiden einen Sinn haben soll.)
 
Tatsächlich verändert sich dann etwas im Körperempfinden. Vielleicht keine Wunder, aber sicher eine Verbesserung der vorherigen Anspannung.
 
Unbedingt ausprobieren.
 
 
 29.08.2017
 
…oh nein, oh nein, ich bin gerade etwas erschrocken, dass der letzte Beitrag doch schon einen Monat zurück liegt. Zu meiner Entlastung kann ich vielleicht anführen, dass ich mich wegen meines kranken Hundes und meiner eigenen bevorstehenden OP in einer Art Schockstarre befand. Das äußerte sich beispielsweise so, dass ich ca. sieben Tage vor der OP der festen Überzeugung war, die ersten Symptome eines grippalen Infektes zu spüren. (Wenn ich krank bin, kann ich nicht operiert werden.) Man könnte meinen, es handele sich um eine OP am offenen Herzen, tatsächlich aber wurde ich am Daumensattelgelenk operiert, und zwar im St. Josef Stift in Sendenhorst.
Ich kann mir meine Ängste gut lassen, denn es war meine erste OP und außerdem mit stationärem Aufenthalt, was mich zudem belastete.
Was wurde gemacht? Die OP nennt sich Resektions-Interpositions-Arthroplastik nach Epping und ist angezeigt, wenn sich das Daumensattelgelenk auf Grund von Rhizarthrose, bei mir als Folge der rheumatischen Entzündungen, in den Handinnenraum verschiebt, was gleichzeitig eine fortschreitende Überdehnung des Daumengrundgelenkes zu Folge hat. Kurz: Es tut weh und wird schlimmer.
Natürlich handelt es sich um eine Routine-OP und ich war in Sendenhorst sehr gut aufgehoben. Die Station war neu, sehr modern, komfortabel, Zweibettzimmer, jedes Bett mit eigenem Fernseher, jede Station mit schickem Aufenthaltsbereich, ausgestattet mit Kaffeeautomat, etc. Ein schöner Raum, um dort mit seinem Besuch oder auch allein einen Kaffee zu trinken.
Die Ärzte sind genauso flüchtig, wie in jedem anderen Krankenhaus auch, besonders amüsant aber sinnlos sind die Informationen, die ich vom operierenden Arzt direkt nach der OP über den Verlauf der OP bekommen habe. Es will mir einfach nicht gelingen, mich an mehr als die Worte „alles ist gut verlaufen“ zu erinnern, und auch die kann ich mir genauso gut eingebildet haben.
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Trotzdem fühlte ich mich vor, während und nach der OP gut versorgt. Alle Medikamente haben gewirkt, wie sie sollten, ich war wunderbar entspannt, die OP war pünktlich und ich bekam sofort im Anschluss, da ich keine Vollnarkose hatte, einen Kaffee und Wasser ans Bett gebracht.
Auch die folgenden Tage, insgesamt fünf, waren so entspannt, wie es unter diesen Umständen eben möglich ist. Die Schmerzen hielten sich in Grenzen, meine veganen Wünsche wurden berücksichtigt und bei schönem Wetter, dieser Tage also nicht so häufig, konnte ich spazierengehen.
Vor meiner Entlassung wurde eine Schiene für mich angefertigt, die in den folgenden sechs Wochen zuu tragen ist. Anschließend, so hieß es, wird Ergotherapie notwendig sein. Das entfernen der Schiene findet wiederum im St. Josef Stift statt.
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Die Schiene sorgt dafür, dass sich der Daumen nicht bewegt und muss immer, IMMER, getragen werden. Ich kann sie auch ohne Hilfe mit einer Hand gar nicht entfernen, was anfänglich häufiger, mittlerweile aber nur noch selten, zu einem Gefühl ähnlich wie Platzangst führt.
Eigentlich ist soweit alles okay, ich bekomme Hilfe, die Situation ist erträglich und vor allem befristet. Was mir wirklich Sorgen macht, ist die Aussage des Arztes und des Infoblattes, dass ich mitbekommen habe, dass die Hand in der Schiene unter keinen Umständen! belastet werden darf. Leider habe ich erst zu Hause bemerkt, dass dieser Begriff der Definition bedarf. Ab wann genau ist eine Hand belastet? Wenn ich, so wie jetzt, den linken Zeigefinger zum Tippen benutze? Wenn ich nach dem Duschen das Handtuch mit den Fingern der linken Hand festhalte?
 
 
 
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